Der Ring des Nibelungen. Bayreuth 1976 - 1980

Eine Betrachtung der Inszenierung von Patrice Chéreau und eine Annäherung an das Gesamtkunstwerk

Warum ich meine Magisterarbeit ins Netz stelle

Es war ein Wagnis; Wolfgang Wagner engagierte zur 100-Jahrfeier der Bayreuther Richard Wagner Festspiele ein französiches Team mit der Realisation des "Ring". Patrice Chéreau (Regie), Pierre Boulez (musikalische Leitung), Richard Peduzzi (Bühnenbild) und Jacques Schmidt (Kostüme) sorgten 1976 mit ihrer Interpretation des Wagnerschen Opus Magnus für einen handfesten Skandal. Nie zuvor hatte der Grüne Hügel solche Tumulte erlebt. Vor allem Chéreaus Regiekonzept sorgte für hitzige Diskussionen bis hin zu handgreiflichen Auseinandersetzungen. Doch in den fünf Jahren, die der Chéreau-Ring im Repertoire der Festspiele blieb und, wie in der Werkstatt Bayreuth üblich, durch Nacharbeiten akzentuiert und verbessert wurde, wandelte sich das Bild. Am Ende der letzten "Götterdämmerung" 1981 gab es für alle Beteiligten 95 Minuten lang tosenden Applaus und über 100 Vorhänge. Das ist bis heute Bayreuther Rekord.

Patrice Chéreau hatte Wagners großes Musikdrama als Ausdruck seiner Entstehungszeit, als einen Mythos des 19. Jahrhunderts, interpretiert. Darin folgte er anderen Regisseuren, die ähnliche Konzepte bereits ausserhalb Bayreuths erprobt hatten. Doch keiner präsentierte sein Konzept derart geschlossen und stimmig wie der französiche Theaterregisseur, der bis zu seinem Bayreuther Debut mit Opern kaum Erfahrungen gesammelt hatte. Seine Inszenierung galt schnell als "Jahrhundertring" und bis heute hat Chéreaus "Ring des Nibelungen" dieses Prädikat verdient. Bekannt wurde Chéreaus Regiearbeit nicht zuletzt durch wiederholte Ausstrahlung einer Auffzeichnung des Bühnenfestspiels durch den Bayerischen Rundfunk aus dem Jahr 1981. Auch mich hielt diese Aufzeichnung (mehrfach) für Stunden gebannt vor dem Fernseher.

Als Wagnerfan musste ich daher nicht lange nachdenken, den "Jahrhundertring" Ende 1989 / Anfang 1990 zum Gegenstand meiner Magisterarbeit im Fachbereich Theaterwissenschaften zu machen. Vor allem interessierte mich die Verbindung zu Wagners Idee vom Gesamtkunstwerk. Das Ergebnis meiner Untersuchung halte ich auch heute noch für gültig und lesbar. Die Arbeit ist über die Betrachtung der Inszenierung Chéreaus hinaus hilfreich, versucht sie doch, den mittlerweile inflationär benutzten Begriff des Gesamtkunstwerkes sowohl in Wagners theoretischen Schriften als auch im philosophisch-kulturhistorischen Kontext zu verorten.

Der Ring auf DVDRichard Wagner. Der Ring des Nibelungen.
Das Rheingold - Die Walküre - Siegfried - Götterdämmerung
Bayreuther Festspiele 1980
Dirigent: Pierre Boulez - Inszenierung: Patrice Chéreau
8 DVDs - Farbe/NTSC - Ratio 4:3 - 832 min.

Chéreaus "Ring des Nibelungen" liegt seit kurzem auch auf DVD vor. Die alte Aufzeichnung des BR ist, was Ton und Bild anbelangt, qualitativ nicht unbedingt das Beste, trotz Überarbeitung. Aber die szenische Interpretation und ihre musikalische Entsprechung in Boulez' Dirigat sind auch heute noch hörens- und sehenswert. (Ich meine sogar, es ist nach wie vor der Beste "Ring", der derzeit auf DVD vorliegt. Zumindest, was die szenische Interpretation betrifft).

Das "Wagner Handbuch" (Eine Empfehlung)

Wer sich näher mit Wagners Musik, seinen Dramen und deren Theorie auseinandersetzen möchte, der findet im "Wagner Handbuch" von Ulrich Müller und Peter Wapnewski ein kompaktes und solides Standardwerk. Das Handbuch, eine Gemeinschaftsarbeit renommierter Wagner-Spezialisten, bietet eine umfassende Bestandsaufnahme der Wagner-Forschung bis zum Ende der 1980er Jahre.

Wagner HandbuchUlrich Müller, Peter Wapnewski (Hrsg.):
Wagner Handbuch.
Geb., 919 Seiten, 42 Abbildungen
Stuttgart: Kröner Verlag 1986

Zum Inhalt des Handbuches der Pressetext des Verlages

Übersichtlich gegliedert, informiert es über die vielfältigen Facetten von Wagners Persönlichkeit und alle wichtigen Momente seines musikalischen und literarischen Schaffens. Neben einlässigen Analysen sämtlicher Werke und Schriften Wagners findet der Leser einen Abriss über die Geschichte der Bayreuther Festspiele, ausführliche Dokumentation der vielfältigen Wirkung Wagners. Die bei aller wissenschaftlichen Prägnanz anschaulich gehaltenen Texte runden sich so zu einem unentbehrlichen Kompendium. Darüber hinaus ist das Buch durch ein Werkverzeichnis und eine umfangreiche Bibliographie auch als Nachschlagewerk von großem Nutzen.

Das "Wagner Handbuch" ist Lesebuch, Nachschlagewerk und zuverlässige Bibliographie zu Einzelthemen. Es sollte in keiner Wagner-Bibliothek fehlen.